Gliederung der Denkschrift

Die (Digitalisierungs-)Denkschrift "Freiheit digital. Die Zehn Gebote in Zeiten des digitalen Wandels" zieht Orientierungsimpulse aus der jüdischen und christlichen Tradition, indem sie diese gegenwartsensibel auslegt. Gerade für den Prozeß der Digitalisierung liegt es nahe, in dieser Tradition auf die Zehn Gebote zurückzugreifen, da sie im hebräischen Original keine Befehlsform tragen. Denn diese Zehn Gebote spiegeln orientierende Grunderfahrungen, die Menschen im Hören auf Gottes Gebot gemacht haben. Ihre Orientierungen lassen sich im Lichte heutiger Herausforderungen als Einsichten deuten, die auf die Frage antworten: "Wie leben wir unter den Bedingungen der von Gott geschenkten Freiheit?"

Eine Orientierung an den Zehn Geboten mit ihren vielfältigen lebensweltlichen Bezügen ermöglicht es, die unterschiedlichen Auswirkungen des digitalen Wandels aus verschiedenen Perspektiven in den Blick zu nehmen. Denn: Die "Digitalisierung" gibt es nicht. Auch wenn sich in technischer Hinsicht einige Grundprinzipien darstellen lassen, können die jeweiligen Anwendungen sehr unterschiedlich zu bewerten sein.

Die Zehn Gebote werden in der Denkschrift so nummeriert, wie diese in der reformierten und anglikanischen Kirche üblich ist. Diese Zählung räumt dem Bilderverbot ein eigenes Gebot ein (Zweites Gebot), das im Kontext der Digitalisierung vielfache Anknüpfungspunkte bietet. Zudem trägt die Trennung der Gebote neun und zehn nach lutherischer Zählung im Kontext der Digitalisierung wenig aus - denn in beiden Geboten geht es um menschliches "Begehren"; die reformierte Zählung faßt diese Zusammenhänge im Zehnten Gebot zusammen.

 

Inhalt und Themenübersicht

1.  Einleitung
1.1  Freiheit bewähren – Zur Bedeutung der "Zehn Gebote" im Kontext der Digitalisierung
1.2  

Digitale Technologie und digitaler Wandel – eine erste Verständigung

    
2.  Die Zehn Gebote und digitaler Wandel
2.1  Geschöpfliche Freiheit im Digitalen wahren und leben
   Erstes Gebot: "Ich bin der Herr, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir." (Ex 20,2f)
   
  • Entgrenzung der Kommunikation / Transzendenzverweise
  • Big data
  • Transhumanismus / Posthumanismus
  • Künstliche Intelligenz
  • Universalität und Exklusivität digitaler Technologien
  • Erlösungsvorstellungen: Cyberspace als "Wunder" / "Das Internet ist Gott" / digitale herbeigeführte "Heilszeit" / "Unheilszeit"
  • Quantifizierte Information
2.2  Für Identitätsbildung und freie Solidarität in digitalen Bilderwelten offen bleiben
   Zweites Gebot: "Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Abbild machen …" (Ex 20, 4)
   
  • Bilderwelten des Digitalen
  • Werbung
  • Sakralisierung von High-Tech-Produkten
  • Identität und Selbstinszenierung
  • Virtual reality / augmented reality
  • Datenschutz
  • Personenspezifische Datenidentität: Persistenz, digitale Identität(en)
  • Perfektionsansprüche / Selbstmanagement
2.3  Möglichkeiten religiöser Kommunikation im Digitalen wahrnehmen
   Drittes Gebot: "Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen." (Ex 20, 7)
   
  • #digitaleKirche
  • Transzendenzerfahrungen
  • Gemeinschaft
  • Religiöse Souveränität / Priestertum aller Glaubenden
  • Personalität und Leiblichkeit
  • (digitale) Metaphoriken und Praktiken
  • Kirchenbegriff und Mitgliedschaft: "liquid church", Institution", "Gemeinschaft", "analoge, digitale, hybride Kirche"
  • Translation und Transformation
  • Inklusion
  • Partizipation und Interaktion
  • Abendmahl
2.4  Dem (digitalen) Leben einen heilsamen Rhythmus geben
   Viertes Gebot: "Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligst." (Ex 20, 8)
   
  • Arbeitszeitrecht
  • Gesetzlicher Schutz des Sonntags
  • Verdichtung
  • Produzierende / Konsumierende
  • Instantaneität
  • Beruf und Berufung
  • Befähigung und Ermächtigung
  • Soziale Sicherung
  • Heilige Zeiten
2.5  Generationenverhältnisse digital gerechter gestalten
   Fünftes Gebot: "Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf dass du lange lebest in dem Lande, das dir der Herr, dein Gott geben wird." (Ex 20, 12)
   
  • Generationsverhältnisse
  • Daseinsvorsorge
  • Lebens- und Wirtschaftsweise
  • Sustainable society / Sustainable Development Goals
  • Nachhaltigkeit
  • Ressourcen-Sharing
  • Energiebedarf
  • Kryptowährung
  • Telecoupling
  • Mobilität
  • Homeoffice / mobiles Arbeiten
  • hybrides Lernen
  • Digitale Assistenzsysteme / unterstützende Robotik
  • Teilhabe und Partizipation
2.6  Digitalisierte Gewalt unterbrechen
   Sechstes Gebot: "Du sollst nicht töten." (Ex 20, 13)
   
  • Cybersicherheit
  • Hochautomatisierte, autoregulative tödliche Waffensysteme
  • Kriegsvölkerrecht und Menschenrechte
  • Überwachung: "Staatstrojaner" Massenüberwachung, Vorratsdatenspeicherung, Videoüberwachung des Öffentlichen Raumes, Gesichtserkennung
  • Predictive Policing
  • IT-Sicherheit
2.7  Bei Intimbeziehungen im digitalen Raum Freiheit und Achtsamkeit fördern
   Siebtes Gebot: "Du sollst nicht ehebrechen." (Ex 20, 14)
   
  • Formen der Partnerschaftliche Beziehungen und Sexualität
  • Menschenbild
  • Online-Dating
  • Ghosting
  • Online Pornographie
  • Cybersexualität
  • Sex-Robotik
2.8  Gerechte Teilhabe am digitalen Wirtschaften ermöglichen
   Achtes Gebot: "Du sollst nicht stehlen." (Ex 20, 15)
   
  • Diebstahl
  • Güterverteilung: Privateigentum, Gemeingüter, Digitalsteuer
  • Gemeinwohl: Soziale Marktwirtschaft, Solidarität, Grundeinkommen
  • Organisation von Informationen und Wissen: Open source, copyleft, creative commons Wikipedia
  • Plattformökonomie: Crowd- und Cloudworking
  • Bildung und Teilhabemöglichkeiten
  • Plattformen: Data-mining, Monopolbildung, demokratische Komntrolle, Netzwerkeffekte, Datenschutz,
  • Effizienz: Kosten und Ressourcenverbrauch, Flexibiltät und Mobilität
  • Polarisierung des Arbeitsmarktes
  • "Arbeitnehmer"-Begriff
  • Evangelische Kirche als Arbeitgeberin
2.9  Unter digitalen Bedingungen Wahrhaftigkeit fördern
   Neuntes Gebot: "Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten." (Ex 20, 16)
   
  • Anerkennung des oder der nächsten in der öffentlichen Sphäre: "Ehre und den guten Ruf" (Luther), Ethik der öffentlichen Kommunikation
  • Alte Massenmedien – neue soziale Medien: Vertrauen in journalistische Medien, Finanzierung, personalisierte Kommunikationsinhalte, Referenzrahmen, Reichweite und Autorität, Rollen und Status, Rolle von Sendenden und Empfangenden
  • Pluralisierte Öffentlichkeiten, Gegenöffentlichkeiten, verflüssigte Grenzen von öffentlicher und privater Sphäre
  • Manipulation: Manipulation von Bildern, "deep fakes" "fake news", "social bots", "Trolle", "hate speech", Verschwörungsmythen, "flooding the zone"
  • "darknet"
  • Plattformlogiken: datenkapitalistisches Geschäftsmodell, Emotionalisierung der Kommunikation, Kontextunabhängigkeit, beschleunigte Informationsverbreitung und -verarbeitung, wechselseitiges Bewerten, metrische Logik
  • Datenjournalismus
  • Open-Data-Bewegung / Open Source-Technologien
  • Medienbildung, Medienkompetenz, digitale Aufklärung
2.10  Beim Begehren im digitalen Raum Rücksicht nehmen
   Zehntes Gebot: "Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau, Knecht, Magd, Rind, Esel noch alles, was dein Nächster hat." (Ex 20, 17)
   
  • Influencer*innen
  • Seele, Sehnsucht und Begierde ("nefesch")
  • "Kreislauf des Begehrens" (Girard)
  • Globale und digitalisierte Dienstleistung und Handelswirtschaft: Handelsketten, Plagiate, Umsatzsteuer/ Zoll, Transparenz
  • Konsumwirtschaft und Identitätskultur
  • "republic.com" (Sunstein)
  • Manipulation: digitale Schaufenster, lock-in, "Konsumkomfort", Kennzeichnung von Werbung, Vergleichsportale
  • Identität: Nähe und Distanz, "kuratiertes Leben" Identitätsangebote, Selbstexpressivität und Selbstmanagement, Schutz der Privatsphäre, Fragmentarität, Perfektibilität
    
3.  Potenziale digitaler Technologien in Freiheit und Verantwortung nutzen